Initiative Lernen in der digitalen Gesellschaft – Executive Summary zum Abschlussbericht
Initiative Lernen in der digitalen Gesellschaft – Executive Summary zum Abschlussbericht
Luise Ludwig, Kristin Narr, Sabine Frank, Daniel Staemmler
Die technischen Entwicklungen der letzten Jahre ziehen grundlegende Veränderungsprozesse unserer Gesellschaft nach sich. Unser Alltag ist zunehmend durchzogen von Begegnungen im Digitalen: wir bedienen uns digitaler Dienste bei der Informationsbeschaffung, zur Kommunikation, Partizipation, dem gesellschaftlichem Miteinander und kreativen Gestalten.
Wir erkunden neue und vielleicht bislang unentdeckte Möglichkeiten, das eigene Leben digital unterstützt zu organisieren. Dies gilt auch für die gesellschaftliche Teilhabe: denn durch digitale und mobile Medien stehen uns mehr Möglichkeiten je zur Verfügung, um in unserer Gesellschaft mitzumachen, mitzureden und diese mitzugestalten. Doch um diese Chance für unsere Gesellschaft zu nutzen und digitale Medien für ein demokratisches Zusammenleben einzusetzen, müssen wir Rahmenbedingungen gestalten, mit denen es allen Mitgliedern unserer Gesellschaft möglich ist zu lernen, wie dies sinnvoll möglich ist.
Eine Aufgabe, die nur in einem Multistakeholder-Ansatz zu bewältigen ist. Die Expertinnen und Experten der 7. Co:llaboratory-Initiative „Lernen in der digitalen Gesellschaft – offen, vernetzt, integrativ“, nahmen sich dieser Herausforderung von Oktober 2012 bis Januar 2013 an.
Die Ergebnisse der Diskussionen, Auseinandersetzungen und Visionen der 35 Expertinnen und Experten werden im vorliegenden Abschlussbericht vorgestellt. Die Beiträge spannen dabei einen Bogen von Auseinandersetzungen über die Voraussetzungen und Grundlagen für die Ausgestaltung des Lernens in der digitalen Gesellschaft über Potenziale und Konzepte für das Lernen mit digitalen Medien. Gleichzeitig greifen sie in einer kritischen Auseinandersetzung aktuelle Debatten etwa um Open Educational Resources oder MOOCs auf und wagen einen visionären Blick in die Zukunft des Lernens.
Das erste Kapitel des Abschlussberichts beinhaltet grundlegende Überlegungen und Voraussetzungen zum Lernen in der digitalen Gesellschaft.
Maik Stührenberg und Sebastian Seitz untersuchen in ihrem Beitrag „Free and Open Source, Open Access, Creative Commons und E-Learning – Remix Culture für das Lernen mit digitalen Medien“, welche Faktoren gegeben sein müssen, damit das Lernen mit und in digitalen Umgebungen nicht nur wenigen, sondern vielen bzw. allen Akteurinnen und Akteuren nützt. Sie benennen in dem Zusammenhang einige bestehende Fallstricke, die aus ihrer Sicht das Lernen mit digitalen Medien in Schule und Hochschule erschweren.
Im Fokus des Beitrages von Maria Süß, Isabell Rausch-Jarolimek, Julia Leihener und Kristin Narr stehen anschließend die Kompetenzen für und durch das Lernen mit digitalen Medien. Die Autorinnen analysieren zum einen die erforderlichen Kompetenzen im Sinne von Voraussetzungen, zum anderen nehmen sie förderliche Kompetenzen, die den Gebrauch digitaler Medien beim Lernen erst möglich machen, in den Blick.
Den Mangel an Implementierungsstrategien von Angeboten zum Erwerb einer medienpädagogischen Grundbildung für pädagogische Fachkräfte thematisiert der Beitrag von Franziska Buschhaus, Katja Friedrich, Ilka Goetz, Lea Schulz, Daniel Staemmler und Günter Thiele. Die Autorinnen und Autoren stellen unter dem Titel „Neue Medien in der Pädagogik – Herausforderungen für eine nachhaltige Mediengrundbildung für pädagogische Fachkräfte“ sechs Dimensionen vor, die zukünftig in der Aus- und Weiterbildung pädagogischer Fachkräfte Berücksichtigung finden müssen. Um die Vielschichtigkeit und den vielfältigen Handlungsbedarf in diesem Themenfeld widerzuspiegeln, werden die Dimensionen durch ausgewählte Beispiele aus der Praxis illustriert.
Mit Desideraten in der Praxis beschäftigt sich der abschließende Beitrag in diesem Kapitel. Lisa-Maria Kretschmer, Jörg Eisfeld-Reschke und Kristin Narr stellen darin fest, dass in der Auseinandersetzung mit digitaler Kollaboration oftmals konkrete Werkzeuge und Instrumente im Vordergrund stehen. Die Fragen sind meist praxi- sorientiert und konzentrieren sich auf geeignete Anwendungen. Der Beitrag rückt daher eine intensivere und übergeordnete Beschäftigung der Voraussetzungen, Herausforderungen sowie dem Nutzen digitaler Kollaboration in den Mittelpunkt und stellt einen Zusammenhang zum Lernen mit digitalen Medien her.
Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit Potenzialen und Konzepten des Lernens mit digitalen Medien.
Unter dem Titel „Offine-Online – Erhöhung von Bildungsvielfalt durch Transforma- tionen“ beschreiben Timo van Treeck, Birgit Kampmann und Dörte Ahlrichs Vorteile für das Onlinelernen und stellen diesen Argumente für das Lernen ohne digitale Medien gegenüber. Dabei kommen sie zu der Erkenntnis, dass die Herausforderung im kreativen Umgang mit den Offine- und Onlineaspekten des Lernprozesses liegt und stellen heraus, dass die unterschiedlichen Möglichkeiten, lernrelevante Transfor- mation zu ermöglichen, zukünftig in den Blick genommen werden müssten.
Anhand von sieben Beispielen erörtern anschließend Melanie Unbekannt, Jan Ulmer, Isabel Zorn und David Klett die Frage „Welchen Mehrwert bieten digitale Medien im Unterricht?“. Der Beitrag befasst sich mit der praktischen Umsetzung der digita- len Medien im Unterricht. Zentral war für die Autorinnen dabei, inwiefern digitale Medien einen signifikanten Mehrwert für Lernende und Lehrende bieten. Daran anknüpfend setzt sich Luise Ludwig mit den Herausforderungen einer nach- haltigen Implementierung von Tablets in die Schul- und Lernkultur auseinander. Sie fokussiert dazu neben Bedingungen einer nachhaltigen Implementierung auch didaktische und organisatorische Aspekte, die in ersten Überlegungen für ein mobiles Medienkonzept gebündelt werden.
Im folgenden Beitrag nehmen Daniel Seitz, Marcus Paeschke und Christoph Pardey neben schulischen auch außerschulische Einrichtungen in den Blick und loten die Möglichkeiten eines Location-based-learning-Angebotes aus. Die Autoren stellen den potenziellen Bedarf heraus und überprüfen vergleichbare Angebote auf ihre Nutzbarkeit für die Bildungsarbeit.
Das dritte Kapitel fokussiert das Thema Lernen mit freien Bildungsmaterialien. Die aktuelle Diskussion in Deutschland um Open Educational Resources wird aufgegriffen und durch neue Impulse der Experten erweitert.
Ist von Lernen und Bildung mit digitalen Medien die Rede, prägen die Begriffe Medienkompetenz und digitale Integration in den letzten Jahren die Diskussion. Jöran Muuß-Merholz fragt in seinem Beitrag daher grundsätzlich: Was haben Open Educational Resources mit Medienkompetenz und digitaler Integration zu tun? Der anschließende Beitrag greift die aktuelle Diskussion um Massive Open Online Courses (MOOCs) im Hochschulbereich auf. Dazu führen Hannes Klöpper und Markus Deimann ein „Streitgespräch mit Augenzwinkern“ und ergründen die Ursprünge, Auswirkungen und Entwicklungspotenziale von MOOCs für das Lernen in einer digitalen Gesellschaft.
Wie „Open Access“, ein Begriff der bisher vorrangig im Hochschulbereich verwendet wird, in einen Zusammenhang mit dem in Deutschland vordergründig im schulischen Zusammenhang diskutierten Begriff Open Educational Resources gebracht werden kann, untersucht der folgende Beitrag von Christian Heise. Der Autor beleuchtet dazu die Potenziale, die sich aus einer Verbindung der Bewegungen ergeben können. Den Ausgangspunkt seiner Überlegungen findet er in der Erkenntnis, dass beide Bewegungen das gleiche Ziel, die Öffnung von Wissen, verfolgen.
Jöran Muuß-Merholz positioniert sich anschließend unter der Fragestellung „Was das Thema Open Educational Resources mit guter Schule zu tun hat“ zur aktuellen Diskussion um Open Educational Resources im schulischen Bereich. Der Autor argumentiert, dass den Potenzialen, die digitale Materialien, Instrumente und Plattformen für das Lernen und den Unterricht in der Schule bieten, oftmals große Hürden entgegenstehen. Muuß-Merholz sieht im Einsatz von Open Educational Resources die Chance, bestehende Hürden zu überwinden und perspektivisch den Schulalltag zu verbessern.
Beendet wird das Kapitel und die angestoßene Diskussion und Auseinandersetzung mit Open Educational Ressources mit persönlichen Gedanken von David Klett. In seinem Beitrag fragt er nach der „dunklen Seite der OER“ und vermutet, dass die aktuelle Debatte zu einseitig geführt wird.
Das Kapitel Vier „Visionen“ richtet abschließend den Blick auf denkbare, zukünftige Entwicklungen und Handlungsfelder des Lernens mit digitalen Medien.
Zorah Mari Bauer hat mit Fachleuten und Vordenkern aus unterschiedlichen Dis- ziplinen über den „Paradigmenwechsel des Lernens“ gesprochen. Im Format eines sogenannten BIG-Pictures präsentiert sie die Meinungen und Definitionen des Lernens 1.0, 2.0 und 3.0 und entwirft ein Bild des Lernens von gestern, heute und morgen.
Im darauf folgenden Beitrag entwerfen Tina Deiml-Seibt, Julia Leihener, Bastian Hamann und David Röthler Szenarien für Bildung und Lernen im Jahr 2023.
Als internationaler Unterstützer und Berater der Initiative fungierte der renommierte Experte Howard Rheingold und bereicherte die Arbeit der Expertinnen und Experten. In seinem Beitrag für den Abschlussbericht berichtet er auf Wunsch der Expertinnen und Experten über seine bisherigen Erkenntnisse aus seinem aktuel- len Projekt „Peeragogy“. Ziel dieses Ansatzes ist der Paradigmenwechsel, von einer Lehrerzentrierung hin zu einer Peer-Education. Eine Vision, die aus Sicht der Expertinnen und Experten wie Initiatorinnen der 7. Initiative des Co:llaboratory eine der zentralen Forderungen bei der Ausgestaltung von Lern- und Bildungsprozessen in der digitalen Gesellschaft sein muss, um den Ansprüchen offen, vernetzt, integrativ gerecht zu werden.
Weitere Empfehlungen und Handreichungen der Expertinnen und Experten sind am Ende des Bandes zu finden.
Weitere Informationen zur Initiative "Lernen in der digitalen Gesellschaft – offen, vernetzt, integrativ".