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Open Access und Open Educational Resources: Gemeinsames Handeln für die Öffnung von Wissen

Open Access und Open Educational Resources: Gemeinsames Handeln für die Öffnung von Wissen

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Christian Heise

In den letzten zehn Jahren hat sich das offene Internet als Hauptkanal für wissenschaftliche und in Ansätzen auch für schulische Publikationen etabliert. Durch die damit einhergehenden Veränderungen bei den Erstellungs- und Publikationsprozessen entstanden neue Bewegungen zur Wissensverteilung für Wissenschaftle-rinnen und Wissenschaftler sowie für pädagogische Fachkräfte im Schul- und Lehr-betrieb. Zwei Bewegungen stehen dabei im Mittelpunkt: Open Access (OA) und Open Educational Resources (OER). Welches Potenzial sich aus ihrer Verbindung ergibt, soll im Folgenden untersucht werden.

Zwei Begriffe, ein gemeinsames Ziel: die Öffnung von Wissen

Open Access meint den Zugang zu wissenschaftlichen Publikationen und den freien, permanenten (Online-)Zugriff auf wissenschaftliche Inhalte (Bezug zu Text Voraussetzungen in diesem Band). Damit beschäftigt sich Open Access mit dem Umstand, dass die Wissenschaft von der freien Kommunikation lebt[1], sich wissenschaftliche Bibliotheken aber seit Jahren in einer Krise befinden, die immer mehr ihre Existenz bedroht. Sie sind mit einem „ungewöhnlichen Geschäftsmodell“[2] der Wissenschaftsverlage konfrontiert, das die Mission der Bibliotheken konterkariert[3].
An dem Erlösmodell sind drei Teilnehmergruppen beteiligt: 1. die Wissenschaftler, sie forschen und verfassen wissenschaftliche Arbeiten und übernehmen auch nachgelagerte redaktionelle Dienstleistungen rund um das akademische Publizieren. 2. die Verlage, sie agieren als Mittelsmann und überprüfen die wissenschaftlichen Publikationen sowie veröffentlichen und vertreiben diese. 3. die wissenschaft-lichen Einrichtungen, die diese Publikationen durch ihre Bibliotheken käuflich von den Verlagen (zurück-)erwerben, um sie anderen Wissenschaftlern zur Verfügung zu stellen.

Würden die Inhalte schon bei der Erstellung unter offene Lizenzen gestellt, wäre man der Vision von einer umfassenden und frei zugänglichen Repräsentation des Wissens einen bedeutenden Schritt näher[4]. Die Frage nach der freien Lizenzierung wissenschaftlicher Publikationen bildet somit die „Grundlagen für den Austausch und für das Verstehen auf der Basis eines geteilten Wissens [...], die weit über die Wissenschaften hinaus bedeutsam und wirksam sein werden“.[5]

Open Educational Resources beziehen sich nicht auf wissenschaftliche Publikationen und deren Erstellungs- und Publikationsprozesse, sondern auf Lehr- und Lernmaterialien, die im Rahmen einer offenen Lizenz veröffentlicht werden. OER fordern die freie Verwendung, den Austausch, die offene Lizenzierung von Bil-dungsinhalten und die mögliche Modifikation von Bildungsressourcen ein. Ähnlich wie bei Open Access spielt auch hier die Lizenzfrage eine zentrale Rolle. Das äußert sich in Deutschland darin, dass Lehrerinnen und Lehrer, aber auch die Schulbuchverlage die unklare Rechtslage bei der Weiterverwendung von Lehr- und Lernmitteln im Unterricht beklagen. Mit dem Auslaufen der Sonderregelung zum 31.12.2012[6] ist das für Lehrerinnen und Lehrer [7] noch komplexer geworden. Die Lizenzfrage und das Urheberrecht beeinflussen also den Arbeitsalltag der Lehrerin-nen und Lehrer und damit die Lehre negativ – in der Forderung nach Rechtssicher-heit besteht in dem Fall auch mit den Verlagen Einigkeit. OER schaffen durch Offenheit [8] Abhilfe, indem ein grundsätzlich offener, kostenfreier Zugang zu den Mate-rialien sowie die Verwendung einer Lizenz die Weiterbearbeitung und Weitergabe der (bearbeiteten) Materialien ermöglichen.

Trotz Unterschieden ein Plädoyer für gemeinsame Bemühungen

Die Entwicklung, angetrieben von OA zu einem freien und offenen Zugriff auf wissenschaftliche Kommunikation, verläuft parallel zum Anliegen von OER, der Entwicklung hin zu offenen und freien Lern- und Lehrmaterialien. Für OA sowie für OER geht es im Grundsatz darum, Wissen frei verfügbar zu machen. Für beide Bewegungen sind (offene) Lizenzen die Haupteinflussfaktoren und Ziele.
Obwohl eine enge Verbindung von Open Access und OER naheliegt, unterscheiden sich beide Bewegungen für mehr freies Wissen in einigen Punkten: So beruht die Erzeugung von Lehrmitteln auf einem anderen Prinzip als die Produktion und die Verbreitung von wissenschaftlichen Publikationen. Vor allem der Herstellungsprozess seitens der Verlage für Schulbücher und -materialien, bei dem der Ausgangs-punkt didaktische Überlegungen sind, unterscheidet sich deutlich von OA.

Bisher gibt es nur geringe Bemühungen, die Aktivitäten der beiden Bewegungen zu bündeln. Dabei können Open-Access-Materialien eine wertvolle Quelle für freie Lernmaterialien (OER) darstellen, während OER-basierte Kurse eine gute Voraussetzung bieten, als Grundlage für die Erstellung neuer OA-Publikationen zu dienen. Ein erster Ansatz: Die Schulbuchverlage könnten sich z.B. zukünftig an den Erlös-modellen von Open-Access-Verlagen orientieren und ihre eigenen Produkte unter freien Lizenzen veröffentlichen. Darüber hinaus ergeben sich praktische Über-schneidungen vor allem im Rahmen der Hochschulbildung, denn hier trifft Wissenschaft direkt auf Lehre und OA direkt auf OER. Ein regelmäßiger Austausch dazu findet bisher kaum statt.

Der Beitrag soll sich deshalb nicht nur als eine Bestandsaufnahme der Bewegungen mit dem Versuch einer terminologischen Abgrenzung beider Begrifflichkeiten voneinander verstehen, sondern vielmehr als Plädoyer für die Schließung der Lücke zwischen den Bemühungen für die Etablierung von Open Access und Open Educational Resources. Beide Bewegungen zahlen aufeinander ein, wenn es um die Verwendung und Verbreitung von offenem Wissen geht. Eine verstärkte, gemeinsame Auseinandersetzung beider Konzepte ist wünschenswert. Dabei sind die unklare Rechtslage und die fehlenden Bemühungen für die Schaffung von einheitlichen Rahmenbedingungen als klarer Bremser für beide Entwicklungen zu identifizieren. Diese Bedingungen müssen gemeinsam eingefordert und beide Bewegungen zusammengeführt werden. Dass das bisher nicht erfolgreich war, ist unverständlich, da es doch das gemeinsame Ziel beider ist, das Gemeinwesen durch Öffnung von Wissen nachhaltiger zu gestalten. Open Access und Open Educational Resources müssen zusammen nach einem beispiellosen Gemeingut streben, um insgesamt „zu einer Beschleunigung von Forschung und zu verbesserten Bildungsmöglichkeiten, zum wechselseitigen Lernen […] beitragen zu können“. [9]


Dieses Werk bzw. Inhalt von Christian Heise steht unter einer Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz.


Weitere Informationen zur Initiative "Lernen in der digitalen Gesellschaft – offen, vernetzt, integrativ".


  1. Vgl. Sietmann, Richard (2003): Offene Wissenschaft. Berliner Erklärung: Wissenschaftliches Publizieren im Internet. In: c’t 23/2003, S. 60.
  2. Peek, Robin (1996): Scholarly Publishing: Facing the New Frontier. In: Scholarly Publishing: The Electronic Frontier, ed. Robin P. Peek & Gregory B. Newby, Cambridge, The MIT Press, 1996, S. 11.
  3. Vgl. Edwards, Richard/Shulenburger, David (2003): The High Cost of Scholarly Journals (And What to Do About It). In: Change 35, 6, 2003, S. 10 ff.
  4. Berliner Erklärung (2003). Online verfügbar unter: http://oa.mpg.de/lang/de/berlin-prozess/berliner-erklarung/, Stand: 19.03.2013.
  5. Budapest Open Access Initiative (2012). Online verfügbar unter: http://www.opensocietyfoundations.org/openaccess/boai-10-translations/german-translation, Stand: 19.03.2013.
  6. Online verfügbar unter: http://www.polsoz.fu-berlin.de/bibliothek/service/Kopieren_und_Drucken/Urheberrecht.html, Stand: 19.03.2013.
  7. Online verfügbar unter: http://www.lehrer-online.de/52a-urhg.php, Stand: 19.03.2013.
  8. Online verfügbar unter: http://opendefinition.org/okd/, , Stand: 19.03.2013.
  9. Budapest Open Access Initiative (2012). Online verfügbar unter: http://www.opensocietyfoundations.org/openaccess/boai-10-translations/german-translation, Stand: 19.03.2013.

Autor
Kristin Narr
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